Turtles All the Way Down – John Green
Worum geht’s?
Um die sechzehnjährige Aza, die seit Jahren in Therapie wegen ihrer Zwangsstörungen ist – wie es ihr damit geht und wie auch die Leute in ihrem Umfeld davon betroffen sind. Offiziell geht es noch um einen vermissten Milliardär, aber seien wir ehrlich: Die Stärke dieses Buches liegt nicht im Plot, sondern in Aza.
Meine Meinung
Ich sehe mich als Fan von John Green. Nicht nur wegen seinen Büchern, sondern auch, weil ich einfach finde, dass er ein ziemlich cooler Mensch ist – den Youtube-Channel, den er mit seinem Bruder Hank Green führt, verfolge ich seit bald zwei Jahren, und auch der Podcast der beiden Brüder schafft es regelmäßig, mein Leben etwas heiterer zu machen. Ich gehe allerdings deswegen nicht wirklich anders an John Greens Bücher heran – ich habe nur viel mehr Respekt für ihn als Autor.
Turtles All the Way Down ist ein persönliches Buch, da Green selbst mit Zwangsstörungen diagnostiziert wurde. Vermutlich ist es das, was das Buch so genial macht – dass man, selbst, wenn man nicht betroffen ist, einen Einblick in das Leben einer Betroffenen erhält. Man liest nicht nur aus Azas Perspektive; man ist in Azas Kopf. Man erlebt die Gedankenspiralen mit, die durch den Schreibstil nicht exzellenter hätten ausgedrückt werden können, und man sieht Aza an ihren guten Tagen, aber mehr noch an ihren schlechten. Wenn Aza das Gefühl hat, gefangen zu sein, dann ist man als Leser*in mit ihr gefangen. Es ist schmerzhaft, beklemmend, unangenehm. Und es sollte nicht anders sein.
Deshalb, ja – vielleicht mag im Klappentext die Rede von einem Millionär sein. Und von Azas bester Freundin Daisy, die Lust hat, die Belohnung einzusammeln. Oder von dem Sohn des Millionärs, den Aza aus ihrer Kindheit kennt. Zwischen den beiden entwickelt sich etwas im Roman, aber irgendwie ist auch diese Romanze im Großen und Ganzen nicht essentiell für das Buch. Was nur ein weiterer grandioser Aspekt ist – dass Green ebenfalls aufzeigt, dass Liebe kein Heilmittel ist. Und auch in den Figuren von Daisy und Azas Mutter wird aufgezeigt, wie schwer der Umgang mit kranken Geliebten sein kann.
(Das wirklich Einzige, das ich zu kritisieren habe, ist ein Aspekt des Endes – aber auf den kann ich hier aus Spoiler-Gründen nicht eingehen.)
Ich habe das Buch in einem halben Tag gelesen, und ich spüre immer noch, wie es mir in den Knochen steckt. Auch ich habe mich zu Teilen in Aza wiedergefunden, und ich kann mir vorstellen, dass das vielen Leser*innen ähnlich geht. Es ist nicht nur ein weiteres Jugendbuch in einer Masse von vielen, sondern eines, das Heranwachsenden etwas zutraut.
Die Legende der Königreiche – Vereint – Amy Tintera
Da es sich hierbei um einen zweiten Band handelt, kann die Rezension Spoiler enthalten.
Worum geht’s?
Immer noch um Em, die jetzt endlich wieder mit ihrer Schwester Olivia vereint ist, und Cas, dessen Cousine ihm seinen Thron streitig macht. Obwohl Em und Cas auf verschiedenen Seiten stehen, müssen sie sich allmählich eingestehen, dass sie diesen Krieg nicht ohne einander gewinnen können … und dass Feinde sogar in den eigenen Reihen lauern.
Meine Meinung
Okay, seien wir ehrlich: Ich hatte mich nur sehr, sehr vage an Die Legende der Königreiche – Ungekrönt erinnert, das ich letzten November gelesen und als okay befunden hatte. Ich wusste nur noch, dass ich wegen dem Ende unbedingt weiterlesen wollte. Glücklicherweise war der Einstieg in Vereint kein Problem: Manche Dinge werden erwähnt, aber man braucht grundsätzlich nur das gröbste Hintergrundwissen vom ersten Band, demnach konnte ich dem Geschehen einigermaßen folgen.
Anfangs dachte ich sogar, dass ich diesen Band lieber mögen könnte als den ersten. Der Plot versprach, um einiges politischer zu werden, und, ja, der Anfang war stark, und ich habe darauf hingefiebert, dass Em und Cas endlich wieder aufeinandertreffen. Leider konnte das Buch letztendlich doch nicht abliefern. Der hölzerne Schreibstil, den ich schon beim ersten Band kritisiert habe, war mir hier verstärkt ein Dorn im Auge. Immer noch ist er viel zu simpel, lässt keinen Raum für Interpretationen offen und kommt oft unglaublich abgedroschen und unglaubwürdig rüber. Ich habe viel zu oft an Stellen gelacht, die eigentlich nicht zum Lachen waren, einfach, weil es so schlecht geschrieben war.
Das Handwerkliche ist vermutlich mein größter Kritikpunkt an Vereint – nachdem der Plot stark anfing, war es bald nur noch ein Hin und Her, eine Abfolge von ständigen Orts- und Personenwechseln, die ich nicht mehr recht nachvollziehen konnte und erst recht nicht allesamt auf dem Schirm hatte. Überhaupt fällt es mir immer noch schwer, mir die Welt vorzustellen, sowohl von dem Geographischen her als auch von den Kräften der Ruined. Die Klärung, die ich mir so sehr gewünscht hatte, trat nie ein; immer wieder ist die Sprache von ein paar Charakteren, die wundersame Fähigkeiten hätten, oder irgendetwas tun, was sie eigentlich nicht können sollten, aber wirklich erklärt wird eigentlich nichts. Auch die schonungslose Brutalität, die ich beim Vorgänger noch lobte, wirkte hier abgedroschen und flach, da der Schreibstil es mir nicht ermöglichte, im Geschehen zu versinken.
Dennoch überlege ich, ob ich den dritten Band lesen soll. Ich sollte es vermutlich nicht tun, weil ich bezweifle, dass nach Vereint die Qualität plötzlich rapide steigt, aber es gibt dennoch einige Aspekte, die ich an den Büchern sehr schätze. Ich bin immer noch großer Fan von Em und Cas (wenn auch sonst von keinen Charakteren) und finde, dass sie ein grandioses Paar abgeben, das für das Genre wirklich Vorbildcharakter hat. Die beiden begegnen einander auf Augenhöhe, gestehen sich ein, wann sie sich albern verhalten, und zeigen Zuneigung zum anderen, ohne in abgedroschene und überzogene Liebeserklärungen zu verfallen. Überhaupt finde ich, dass die Geschichte so viele spannende Möglichkeiten, so viel Potential bietet, allein schon die Dynamik zwischen Em und ihrer Schwester Olivia, die nach und nach brutaler und schonungsloser herrscht und so für Konflikt zwischen den Schwestern sorgt. Leider ist die Ausführung am Ende des Tages bestenfalls durchschnittlich, mit Tendenz nach unten.
Bad Feminist – Roxane Gay
Worum geht’s?
Bad Feminist ist eine Essay-Sammlung über, ja, Feminismus, aber auch schlichtweg über andere Themen, die unsere Gesellschaft heutzutage bewerten.
Meine Meinung
Mir fiel es schwer, zusammenzufassen, um was es in dem Buch geht, weil man es nicht wirklich auf den Punkt bringen kann. Ich weiß gar nicht, inwiefern man den Titel vielleicht sogar als irreführend bezeichnen könnte – denn wirklich konkret thematisiert Gay das Thema Feminismus in der Minderheit der Essays und berührt es ansonsten, wenn überhaupt, am Rand. Ich wusste schon von vorneherein, dass es eben auch um anderes geht, war aber dann doch von der Themenbreite … überrascht. Und nicht gerade positiv.
Ich habe mir von Bad Feminist neue Einsichten versprochen, aber die hatte ich leider nicht wirklich. Ja, Gay hat (einige) Essays geschrieben, bei denen ich genickt und ordentlich Zitate markiert habe, aber ich konnte mir nicht den Eindruck verkneifen, dass das alles Dinge waren, die mir schon in den Weiten des Internets begegnet waren und mir jetzt schlichtweg in Buchform präsentiert wurden. Hinzu kamen (zu) viele Essays, in denen Gay irgendwelche Bücher oder Filme oder Personen auseinandernimmt und diskutiert und bis auf einen grandiosen Essay über Twilight und Fifty Shades of Grey konnte ich mit dem Rest weniger, meistens aber gar nichts anfangen.
Gay ist eine talentierte Autorin, das steht außer Frage. (Abgesehen davon, dass sie Widersprüche ausschließlich in Kurzsätzen wie „And yet.“ und „But.“ formuliert, die auf Dauer einfach nerven.) Deshalb konnte sie mir auch die Essays, die mich null interessierten, einigermaßen verkaufen. Und ja, tatsächlich machte ich mir manchmal über Themen Gedanken, die ich bisher nicht recht auf dem Schirm hatte, meistens aber, weil ich mit Gays Meinung ganz und gar nicht übereinstimmte, aber das gehört in eine andere Schublade. Am Ende des Tages habe ich mir einfach mehr von Gehalt gewünscht, gerne auch mehr von Gays Erfahrungen als irgendwelche Diskussionen von aktuellen Werken, die mich, ehrlich gesagt, nicht weniger interessieren könnten. Enttäuschend.
5 Kommentare
Oh, bei „Turtles All the Way Down“ sprichst du mir aus der Seele. Ich denke immer noch ständig darüber nach und habe neue Gedanken dazu. Ich glaube, dieses „beklemmende, unangenehme“ Gefühl hat mich beim Lesen einfach total überfordert und ich kann das erst jetzt mit etwas Abstand so richtig nachvollziehen und reflektieren. Ich wette, wenn ich es jetzt noch einmal lesen würde, würde meine Meinung schon etwas anders ausfallen.
Freut mich auf jeden Fall sehr, dass es dir so gut gefallen hat ?
Kann ich mir gut vorstellen – ich konnte das Buch deswegen gar nicht recht aus der Hand legen, aber ich habe auch in den Tagen danach gemerkt, dass Azas Empfindungen immer noch in mir nachklingen. Es ist echt … gnadenlos in der Hinsicht, aber ich kann jetzt auch deine Rezension ziemlich gut nachvollziehen.
Hallo Isabella,
obwohl ich mich eigentlich immer bemühe, immun gegenüber von sowas zu sein, hat mich der Hype um John Green irgendwie ermüdet. Dabei zählte TFIOS vor meiner Bloggerzeit zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Doch seitdem verstauben alle seine anderen Bücher auf meiner Wunschliste, von der ich sie nicht so recht erlösen mag.
Und nun also das neue Buch von ihm, das mich von der Thematik absolut anspricht. Ich lese so viele überzeugende Rezensionen und schleiche doch noch ein wenig um es herum. Allerdings ist auch deine Meinung jetzt wieder unheimlich überzeugend und toll dargelegt, und stupst mich dazu an, endlich nachzugeben. Danke also dafür. 😉
Liebe Grüße,
Dana
Hey 🙂
Du machst mich jetzt ganz schön neugierig auf „Turtles All The Way Down“. Weil die Meinungen zu dem Buch bisher recht gemischt waren, habe ich mir das Buch noch nicht gekauft, aber dank dir habe ich gerade richtig Lust auf das Buch bekommen.
Das dich „Bad Feminist“ eher enttäuscht hat finde ich schade. Ich selber habe es noch nicht gelesen, aber ich wollte es noch unbedingt tun. Jetzt bin ich aber eher am überlegen, ob ich nicht lieber anderen Büchern Vorrang lassen soll, die etwas mehr Gehalt haben.
Liebe Grüße
Isabell
Liebe Isabell,
ja, die Meinungen sind wirklich auseinander gegangen! Ich war auch wirklich skeptisch vor dem Lesen, habe aber im Nachhinein den Eindruck, dass es einfach das richtige Buch für mich (und zum richtigen Zeitpunkt) war. Man darf einfach keine actionreiche Erzählung mit viel Plot erwarten, was der offizielle Klappentext ankündigt, sondern eine Geschichte, die sich im Kern um Aza dreht.
Und tut mir leid, dass ich dich meine Rezension zu „Bad Feminist“ etwas abgeschreckt hat. Es ist auf keinen Fall ein schlechtes Buch – ich hatte nur ganz andere Erwartungen an das Werk. Man kann es auf jeden Fall gut „stückchenweise“ lesen, da die Essays sich nicht aufeinander beziehen. 🙂
Alles Liebe
Isabella