Zuschauen und Winken von Mercedes Lauenstein

Eine Frau forscht beharrlich über das Moor, auch wenn ihre Professorin seit Wochen verschwunden ist und sie sich fragt, ob ihr Arbeitsplatz überhaupt noch existiert. Ihr Partner leidet an einer mysteriösen Krankheit, sie begleitet ihn bei Arztbesuchen und auf Ausflügen und er tröstet sie und lässt sie bei sich duschen, wenn sie sich mal wieder vor den Wasserrohren ihrer eigenen Wohnung fürchtet. Mercedes Lauensteins dritter Roman Zuschauen und Winken ist eine liebevolle und wunderbare, aber auch ganz alltägliche Geschichte, deren Plot sich nur so zusammenfassen lässt, wie er erzählt wird: in Vignetten, kleinen Anekdoten, als Geflecht aus anderen Texten.

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Women Living Deliciously von Florence Given

Women Living Deliciously soll Frauen (streng genommen, so Given, handelt es sich hierbei um ein Buch für jede*n – naja …) dazu animieren, ein genussvolleres Leben zu leben, das heißt: mehr Freude und Selbstbewusstsein zu kultivieren. Anhand von drei Teilen – Jäten, Pflanzen und Blühen – sollen Leser*innen lernen, negative Glaubenssätze loszuwerden, die Grundlagen für ein freudvolleres Leben zu erlernen und dieses schließlich in vollen Zügen zu genießen. Von Verlagsseite aus wird das Buch als „feministisches Manifest“ bezeichnet, für meinen Geschmack wird das Label Feminismus viel zu leichtfertig herumgeworfen, sobald sich weiblich gelesene Personen auch nur ansatzweise mit „Frauenthemen“ auseinandersetzen. Dass es sich bei Women Living Deliciously bestenfalls um instagrammable white feminism handelt, wird später noch mal Thema.

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Das Lied des Propheten von Paul Lynch

Wenn man an Dystopien denkt, dann kommen einem sofort die großen Werke des 20. Jahrhunderts in den Sinn: Zamjatins Wir, Huxleys Brave New World oder Orwells Nineteen Eighty-Four. Wir denken an Protagonisten, die kein anderes Leben als das Regime kennen, und an Handlungsstränge des – mehr oder weniger erfolgreichen – Widerstands. Autor*innen, die sich in die Gattung einschreiben, müssen sich nicht nur mit wirkmächtiger Literaturgeschichte auseinandersetzen, sondern dabei eine eigene Position zwischen den bekannten Mustern und dem Reiz des Neuen finden.

Für mich ist das die stärkste Leistung von Das Lied des Propheten: dass der Roman nicht seine Leser*innen mit einem geschlossenen System konfrontiert, sondern am bröckelnden Alltag ansetzt. Geschildert wird ein schleichender Prozess von unterdrückten Aufständen über Verhören hin zu immer restriktiveren Auflagen, die schließlich in Ausgangssperren, Festnahmen, kurzum: Krieg münden. Es ist leicht, im Rückblick zu sagen: Natürlich musste es so enden. Schwieriger, und das gelingt Lynch sehr gut, ist es, wenn die Verwirrungen der Gegenwart immer diffuser werden, bis man nicht mehr weiß: Was ist geschehen? Und wie bin ich hier gelandet?

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Limberlost von Robbie Arnott

Tasmanien, Mitte des 20. Jahrhunderts: Neds ältere Brüder sind zum Kriegsdienst eingezogen worden. Nun dehnt sich vor dem 15-jährigen Ned ein langer Sommer mit seinem Vater und seiner Schwester auf ihrer Apfelfarm Limberlost aus. Voller Sorgen und Hoffnung – aber auch voller Träume. Denn insgeheim wünscht sich Ned ein eigenes Boot. Also fängt er an, Kaninchen zu fangen und ihre Felle zu verkaufen, tätig zu sein im Angesicht der unsicheren Zukunft. Im Laufe des Sommers wird er Entscheidungen treffen und Erfahrungen machen, die ihn für den Rest des Lebens prägen werden.

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That Girl von Gabriella Santos De Lima

Tess Raabe scheint eine überaus erfolgreiche Influencerin zu sein: Als That Girl teilt sie täglich ihre Morgenroutine inklusive Meditation, gesundem Essen und Dankbarkeitstagebuch, Tipps zu Self Care und Rezepte für den neusten Superfood-Salat. Alles, was an der Schnittstelle von Self Care und Produktivität liegt, ist ihr Metier. Und als ob das nicht genügt, ist die 25-Jährige erfolgreiche Autorin – in Date Me erzählt sie von all den misslungenen Dates, die man als Frau in den Zwanzigern eben so mitnimmt. Muss ja niemand wissen, dass manche Details hinzu- und manche zu düstere Passagen herausgedichtet wurden. Und dass in Tess’ Innerem ganz viel Wut steckt: Wut auf den neusten Mann, der sie ausgenutzt hat und doch nur einer von vielen ist. Doch dann lernt sie Leo kennen. Und endlich scheint alles anders zu werden …

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