Inhalt
Patrick ist alles andere als begeistert, den neuen Freund seiner Mutter und seine Tochter Olivia kennenzulernen. Doch dann stürzt ihr Flugzeug mitten in der Wildnis ab – der Pilot ist tot, seine Mutter verletzt, und plötzlich müssen er und Olivia ums nackte Überleben kämpfen.
Zur gleichen Zeit kämpft sich Jack durch die Wildnis – er ist vor seinen „Freunden“ geflohen, die ihn nach einer verhängnisvollen Nacht in einem Keller eingesperrt haben.
Meine Meinung
Klappentexte sind so eine Sache – manchmal liefern sie einen komplett falschen Eindruck von der Geschichte, dann sind sie viel zu kryptisch, und hin und wieder liefern sie auch viel zu viele Informationen.
Einen Klappentext wie den von Wolf Moon River habe ich selten erlebt. Hier könnt ihr den nachlesen, wenn ihr wollt. Aber ich würde es nicht machen – nicht, wenn ihr das Buch noch lesen wollt. Zu sagen, dass darin unglaublich viel verraten wird, wäre noch untertrieben. Da ich mich beim Bloggerportal für das Buch beworben habe, habe ich logischerweise den Klappentext zuvor gelesen (was ich sonst nicht so oft mache – ich weiß schon, wieso). Und er klang toll. Aber ich hatte nicht die geringste Ahnung, WIE viel er verraten würde. Auch diese Inhaltsangabe, die ihr dort oben liest, greift schon relativ weit vor, aber das ist kaum anders möglich.
Am besten, ich fange von vorne an.
Aufgrund des Klappentextes ging ich stark davon aus, dass die Geschichte vordergründig von Patrick und Olivia handelt. Stattdessen bekam ich zuerst ein Kapitel aus Jacks Sicht zu lesen, dann auch zahlreiche aus Sicht seiner Verfolger, Scott und Frank. Ich war irritiert. Vor allem, weil die Storyline von Patrick und Olivia nicht richtig in die Gänge kam – zunehmend wuchs das Gefühl, dass ich plottechnisch auf der Stelle trete. Ich konnte nicht begreifen, weshalb das alles für mich wichtig sein sollte.
Jetzt, nachdem ich den Klappentext noch ein paar Mal gelesen habe, frage ich mich, ob das Problem eher beim Buch oder bei dieser kleinen Inhaltsangabe liegt. Aber auch das Buch hat gravierende Schwächen, über die ich einfach nicht hinwegsehen kann.
Die ganze Klappentext-Sache mal außer Acht gelassen, war schon allein der Schreibstil des Autors sehr störend. Zum Einen schreibt er sehr unpersönlich – wahrt immer eine Distanz zu den Charakteren und beschreibt ihre Gefühlslage eher, anstatt sie dem Leser aufzuzeigen und subtil näherzubringen. Dann allerdings neigt er zu unglaublichem Infodumping.
Ich habe keinen Zweifel, dass Rainer M. Schröder grandiose Recherche leistet. Beim Lesen von Wolf Moon River erhielt ich nur eine Andeutung auf das Wissen, das er vermutlich besitzt. Aber ist es wirklich nötig, dem Leser sämtliche Details über Kanufahren aufzuzeigen? Wieder und wieder die Beschaffenheit von einem Flugzeug zu erläutern, die die Geschichte nur bedingt voranbringt? Vor allem in solchen Längen, dass das Lesen wirklich, wirklich zur Qual wurde.
Vielleicht will mir da jemand widersprechen. Und das ist auch völlig in Ordnung. Aber ich bin der Typ Leser, der sich nicht mit Details wie der Marke des Motorbootes oder dessen PS aufhält.
Ich war also schon nach den ersten paar Kapiteln ungemein frustriert. Das Ganze wurde noch schlimmer, als Patrick und Olivia dann aufeinander trafen und sich kennenlernten.
Patrick ist… die Unfreundlichkeit in Person, so könnte man es zumindest sagen. Er ist nicht ganz sechzehn Jahre alt (Fun fact: Im Klappentext heißt es, er sei siebzehn) und verhält sich, als sei er zwölf. Und inmitten einer Trotzphase. Außerdem haut er Sätze raus, die… die, sorry, niemand so sagt. Um ein Beispiel zu nennen: „Ich bin nicht langsam, sondern im Energiespar-Modus.“ (Wolf Moon River, S. 42, Rainer M. Schröder, cbj) Charaktere dürfen gerne Sprüche raushauen und sarkastisch sein. Von mir aus können sie einfach von Grund auf unfreundlich sein, das macht sie zwar nicht sympathisch, aber na ja, solche Menschen gibt es eben. Aber ich habe noch nie im Leben jemanden getroffen, der Sätze herunterspult, die man auf irgendwelchen Facebook-Seiten findet. Und ja, das ist mehr als nur einmal vorgekommen. Und jedes Mal verfluchte ich Patrick nur noch mehr – anders kann ich es nicht ausdrücken.
Jack und seine „Freunde“ sind kein Stückchen besser. Auch sie bleiben blass, ihre Hintergründe werden mehr heruntergebetet als dass sie realistisch wirken oder sie zu dreidimensionalen Charakteren machen.
Mein Highlight – wenn überhaupt – war Olivia. Auch sie wirkt nicht ganz… realistisch, doch bei ihr ist es Rainer M. Schröder zumindest gelungen, mich zu überraschen. Sie ist vermutlich auch die Einzige, mit der ich ansatzweise mitfühlen konnte.
Wobei – hier noch eine kurze Anmerkung. Da es gleich am Anfang der Geschichte passiert, ist es kein Spoiler, also: Ich dachte anfangs, Olivia würde an einer Essstörung leiden (es ist letztendlich etwas komplett anderes). Und zwar wegen dieser Äußerung: „Dabei hätte sie nur zu gern einen Becher heiße Schokolade genommen. Aber (…) sie [durfte] sich auf gar keinen Fall auch noch eine zweite Kalorienbombe leisten.“ (Wolf Moon River, S. 28, Rainer M. Schröder, cbj) Das ist, ganz abgesehen von Olivia als Charakter, eine sehr bedenkliche Äußerung, bei der ich unglaublich stutzig geworden bin und die – zumindest meiner Meinung nach – auch gut und gerne auf manche triggernd wirken kann.
Ein weiterer Aspekt, der mich sehr gestört hat, war die Überschneidung von manchen Kapiteln – dabei beziehe ich mich auf die Kapitel über Jack und seine Verfolger. Es wurde ein Teil aus Jacks Perspektive erzählt, und dann genau derselbe Teil noch einmal aus Scotts bzw. Franks Perspektive. Und das geht gar nicht. Ein kleines bisschen imaginativer Freiheit muss dem Leser wirklich noch bleiben.
Eines muss ich dem Autor lassen: In der Hinsicht wird das Buch besser, und hin und wieder gibt es sogar kleine Zeitsprünge. Zumindest gehen die Überschneidungen weg, spätestens dann, als wir endlich inhaltlich bei dem Klappentext ankommen.
Vielleicht hat Rainer M. Schröder einfach der Plot gefehlt? Im Nachhinein beschleicht mich zumindest das Gefühl. Denn bis zu dem Absturz (und dem Zusammentreffen beider Parteien, das erst kurz vor Ende des Buches passiert!) passiert schlicht und ergreifend wenig. Oder zumindest nichts, das man nicht auch in der Hälfte oder einem Viertel der Kapitel zusammenfassen könnte.
Das Ende, beziehungsweise der Showdown, ist okay, zumindest im Vergleich zum Rest des Buches. Es gibt ein paar Augenblicke, die mich überrascht haben, auch wenn diverse Erklärungen/Auflösungen schlichtweg dürftig sind. Der Epilog kam dann schon wieder zu plötzlich für mich, und gerade Olivia und Patrick handeln darin out of character, wenn man mich fragt.
Tja, das ist jetzt verdammt lang geworden. Wenn ihr alles gelesen habt, meinen Respekt! Wenn nicht, ich kann es euch nicht übel nehmen. Wolf Moon River ist für mich ein kompletter Reinfall gewesen. Ich respektiere das Wissen des Autors, denn man erkennt, dass er gute Vorarbeit geleistet hat – nur die Umsetzung ist nicht gelungen. Wenn ihr an Wolf Moon River interessiert seid, lest in die Leseprobe rein. Oder leiht es euch aus. Aber letztendlich ist es ein Buch, das man wirklich nicht lesen braucht.
Fazit
Wolf Moon River hat mir leider gar nicht gefallen. Der Plot war die Länge gezogen, die Charaktere wirkten auf mich unrealistisch und auch mit dem Schreibstil des Autors hatte ich meine Probleme. Meiner Meinung nach auf keiner Ebene empfehlenswert.
Vielen Dank an cbj für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Titel: Wolf Moon River
Hardcover: 384 Seiten
Verlag: cbj
Reihe: –
Preis: 16,99€
Ein Kommentar
Ich bin auch gerade mit dem Buch fertig geworden und kann dir da nur voll und ganz zustimmen!
Vor allem muss ich echt aufpassen, dass meine Rezension nicht exakt so wird wie deine 😀
Aber es stimmt eben einfach – Patrick ist einer der grauenvollsten, lächerlichsten und nervigsten Charaktere aller Zeiten. Ich meine, ganz ehrlich: Wer zum Teufel benutzt im wahren Leben seine ganzen schlechten Sprüche?
Und was bitte sollen die Passagen mit Olivias Angst vor Kalorien suggerieren? Auch wenn man ihre Geschichte bedenkt fand ich das ziemlich fehl am Platz!
Und die Auflösung am Ende fand ich auch nicht wirkich prickelnd. Irgendwie war schon ab der Mitte des Buches klar, dass die ganze Sache nicht so abgelaufen ist wie anfangs beschrieben… oh man 😀
So, mal schauen, wie ich das jetzt alles in eine Rezension packe! 😀