Monatsrückblick März 2020

Ironischerweise ist es genau ein Jahr her, seitdem ich den letzten Monatsrückblick gepostet habe. Dazwischen fehlte immer irgendetwas: Zeit, Inspiration, gelesene Bücher, über die ich irgendetwas halbwegs Sinnvolles zu sagen habe. Diesen März hat sich das gezwungenermaßen geändert – es hat eine Weile gedauert, bis ich mich wieder so richtig auf ein Buch konzentrieren konnte, aber langsam geht es. Es ist ein schwacher Trost, dass ich die Zeit nutzen kann, um mich mal an die Bücher zu machen, die hier seit Jahren herumliegen. Wenn ich nicht gerade mit Animal Crossing beschäftigt bin wie gefühlt fast jede*r in der Buchblase. 😀

Aber nun ohne weitere Umschweife zu den sieben Büchern, die ich im März gelesen habe:

1) Such a Fun Age – Kiley Reid (4/5)
Ein wirklich gelungenes Debüt, das eine alles andere als leichtherzige Geschichte erzählt, diese aber in einem spielerischen Schreibstil verpackt und nebenbei noch den White Saviour Trope vollkommen auf den Kopf stellt.

2) Wayward Son – Rainbow Rowell (2,5/5)
Ich muss sagen, die Fortsetzung hat mich massiv enttäuscht. Die Charaktere sind nur noch Hüllen ihrer selbst (im besten Fall) oder schlichtweg nervig (im schlimmsten Fall), der Plot wirkt mühselig konstruiert und Rowell hatte anscheinend so wenige Ideen für die Fortsetzung, dass sie dieselbe Szene oft aus zwei bis drei Perspektiven erzählt, die keinerlei Mehrwert bieten. Das Ende ist so faul, dass ich eigentlich nicht wirklich Lust habe, Band 3 zu lesen. Rowells Schreibstil ist aber nach wie vor so wohltuend, dass es doch die ein oder andere Szene gibt, bei der man Spaß hat und sich zumindest an die guten Zeiten von Carry On zurückerinnern kann.

3) In Transit – Rachel Cusk (2/5)
Ein klassischer Fall von Klappentext-Irreführung. Der Klappentext verspricht nämlich eine stringente Geschichte, stattdessen bildet jedes Kapitel eine eigene Episode und selbst wenn man (wie ich) verkniffen nach einem Kausalnexus sucht, kann man diesen nur mit Mühe finden. In jedem Kapitel trifft die Ich-Erzählerin auf eine andere Figur, die ihr große Teile ihrer Lebensgeschichte erzählt, sodass sie vollkommen hinter den Erzählungen anderer Figuren zurücktritt. Vom Feuilleton wird Cusk für Derartiges gelobt, mich hat es über große Strecken kalt gelassen.

4) The Handmaid’s Tale – Margaret Atwood (4/5)
Es ist eine seltsam befriedigende Erfahrung, wenn man einen Klassiker liest und sich danach denkt: Ich verstehe den Hype. Bisher war ich tatsächlich nur mit Atwoods Lyrik vertraut, aber nach The Handmaid’s Tale muss ich auch unbedingt mehr von ihrer Prosa lesen. Der Roman ist keine 0815-Dystopie, sondern lebt von den leisen Momenten, der unterschwelligen Spannung und ganz viel Introspektion. Besonders gut hat mir Atwoods bewusster Umgang mit Sprache gefallen. Ein wirklich beeindruckendes Werk, über das ich auch noch Wochen später nachdenke.

5) Wicked As You Wish – Rin Chupeco (2/5)
Hierbei handelt es sich – leider – um eines der langweiligsten Bücher, das ich seit langem gelesen habe. Wicked As You Wish ist prinzipiell großartig: ein super diverser Cast, der in der Mehrzahl aus PoC besteht und sowohl queere als auch nonbinary rep aufweist, ein interessanter Weltenbau, der allerlei Mythen und Volksgeschichten und Märchen in einen Topf wirft und in die Royal States of America versetzt. Nur ist die Umsetzung maximal unterwältigend: Der Cast ist so groß und so zweidimensional, dass man die meisten nicht voneinander unterscheiden kann, und der Weltenbau wird beinahe ausschließlich in Infodumps vermittelt, sodass man die Hälfte weder versteht noch im Kopf behält. Letztendlich war ich einfach nur noch froh, dass das Buch zu Ende ist, und ziemlich enttäuscht.

6) All the Wandering Light – Heather Fawcett (3/5)
Wo wir gerade bei Enttäuschungen sind … All the Wandering Light ist die Fortsetzung von Even the Darkest Stars, das mich damals echt positiv überrascht hat. Leider hat sich der zweite Band wie ein Echo des ersten gelesen, die Figuren wirkten wie ein Schatten ihrer selbst und auch die Konstruktion des Plots war mir zuweilen zu einfach. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, man hätte beide Bände (die jeweils durchaus Längen haben) zu einem zusammengefasst.

7) Down Girl: The Logic of Misogyny – Kate Manne (4/5)
Down Girl ist keine leichte Lektüre: Selbstverständlich sowohl hinsichtlich des Inhalts, aber auch hinsichtlich des Fachjargons, den Manne verwendet. Es gibt viele Passagen, in denen sie eine literarische Analyse vornimmt oder eine Gerichtsverhandlung beschreibt und die Seiten nur so dahinfliegen, weil sie es so ergreifend beschreibt, aber auch einige, in denen ich beinahe das Gefühl hatte, der Inhalt wäre extra kompliziert aufbereitet worden. Es stimmt absolut, dass sich das Buch vorrangig an ein akademisches/akademisch interessiertes Publikum gerichtet ist, aber das bedeutet ja nicht, dass man bei jeder Gelegenheit eine kompliziertere Wendung als nötig verwenden muss. Obwohl ich daher bei ein paar Passagen mit dem Verständnis kämpfte, hat es meinem Gesamteindruck von Down Girl kaum geschmälert – Manne liefert eine umfangreiche und überzeugende Analyse von Misogynie in unserer Gegenwart. Nein, bei der Abhandlung handelt es sich um keinen historischen Abriss (den Anspruch erhebt sie auch nie – die Debatte, ob man ihr es dann vorhalten kann, lasse ich mal offen), und Manne gesteht auch ein, wenn sie Dinge bewusst offen hält, weil sie sich bspw. nicht in der Lage sieht, als cis Person ausführlich über Transmisygonie zu schreiben. Darin liegt aber auch die Stärke von Down Girl: Die grundlegenden Überlegungen, die Manne anstellt, lassen sich nicht nur auf ihre Fallbeispiele anwenden, sondern sind in meinen Augen durchaus als ein universell(er)es Werkzeug brauchbar, das sowohl all die Lücken, die sie offen gelassen hat, füllen kann als auch für die Analyse vielfältiger Phänomene, ob literarisch oder nicht, ob vor fünf Minuten oder vor zwei Jahrhunderten, fruchtbar gemacht werden kann. Auch über dieses Buch werde ich noch lange nachdenken.

Insgesamt macht das 2417 Seiten, ca. 80 pro Tag. Ich bin gespannt, wie sich diese Zahl im Laufe des Aprils verändern wird oder ob ich letztendlich einfach nur in Animal Crossing versumpfe. Mit in den April nehme ich Normal People von Sally Rooney (polarisiert und hat gefühlt schon jede*r außer mir gelesen, aber ich mag’s ganz gern bisher!) und Eating Fire, eine Gedichtsammlung von Margaret Atwood, in der ich immer mal wieder schmökere.

Ich hoffe, euch und euren Liebsten geht es unter den Umständen gut. Wie war euer Lesemonat März? ??‍?

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