[Rezension] Die Beschenkte – Kristin Cashore

Originaltitel: Graceling

Katsa ist eine Beschenkte. Das heißt, sie hat eine besondere Gabe. Und nicht nur irgendeine – sie ist besonders gut darin, Leute zu töten. Im Namen ihres Königs und Onkels Randa erledigt sie Aufträge und quält Leute. Doch sie ist es leid, diese nahezu perversen Aufträge auszuführen. Als sie auf Prinz Bo trifft, wird ihre Sehnsucht nach einem Leben ohne Aufträge nur noch größer. Also begibt sie sich mit ihm auf die Reise…
Hätte ich „Die Beschenkte“ nicht geschenkt (Achtung, Wortspiel! :P) bekommen, hätte ich das Buch nie angerührt. Klar habe ich davon gehört. Klar habe ich mitbekommen, dass die Reihe generell sehr gut sein soll. Aber selbst wenn ich über das Cover hinweg gesehen und den Klappentext durchgelesen habe, habe ich mir immer noch gedacht, dass das Buch nichts für mich ist, schon allein des Genres wegen. Ist mir zu High Fantasy. Ein paar werden sich jetzt zwar entnervt an die Stirn schlagen, aber ich habe mir schon immer schwer getan, wenn es um irgendwelche erfundenen Ländern mit erfundenen (schwer zu merkenden) Namen UND Charakteren (mit NOCH schwerer zu merkenden XD) Namen geht. Ich kann mir das einfach nicht merken. Und ich bring‘s ständig durcheinander.
… naja. Aber das Buch war halt ein Geschenk, und ich kann ein Geschenk ja nicht einfach so stehen lassen. Das versteht ihr doch, oder? Oder ist das typisch Bella-Logik?
Lange Geschichte, kurzer Sinn: Ich hab mich an „Die Beschenkte“ gewagt – und wurde mit einer durchaus interessanten Geschichte beschenkt. (Woooortspiel!) Allerdings nicht ganz ohne Hindernisse. Bereits beim Anfang war ich schon wieder versucht, das Buch wegzulegen. Wenn nicht allein durch die Karte, die am Anfang ist, (Karten bedeuten immer irgendwelche Königreiche und Reiserouten, was mich wieder zu erfundenen Welten UND seltsamen Namen bringt) dann durch die ersten 50 Seiten. Wie oft habe ich nachgeschlagen. Wie oft habe ich vor mich hingestöhnt, wie oft habe ich mich gefragt, ob ich eigentlich zu doof bin, um mal etwas „Anspruchsvolleres“ zu lesen. Aber falls es irgendjemandem da draußen genauso geht, also falls jemand dieselben Probleme mit dem Anfang hat (warum auch immer): Lest weiter. Es lohnt sich. Wirklich. Nachdem ich diese ganze Namen-und-Orts-Geschichte auf der Kappe hatte, ging es wirklich gut lesetechnisch.
Denn Kristin Cashore hat einen wunderbaren Schreibstil. Auch wenn er manchmal ein wenig steril wirkt, (ist in der dritten Person geschrieben und ein bisschen „allgemeiner“ sprechend) ist er ein bildhafter Schreibstil, den man gut lesen kann und der einem vor allem die Möglichkeit gibt, sich in die von der Autorin geschaffene Welt einzufühlen. Man sieht durch Katsas Augen mit und „erlebt“ förmlich mit, was sie erlebt, sieht und entdeckt.
Katsa selbst ist ein schwieriger Charakter. Sie ist nicht wie diese anderen Protagonistinnen, mit denen ich gerne mal beim Tee sitzen würde. Nein, Katsa ist ein Charakter, bei dem ich mir wirklich oft gedacht habe: Mädchen, was machst du?! Wieso tust du das? Wieso bist du so? Ich dachte am Anfang nicht, dass ich je mit ihr klar kommen würde. Aber letzten Endes ist das der Grund, wieso man mit ihr klar kommt: Weil sie kein Stereotyp ist. Katsa ist ein Mädchen, das halt mal zuschlägt, ja, sie hat Probleme, ihre Wut manchmal unter Kontrolle zu halten, und, naja, Gefühlsduselei ist auch nicht so ihr Ding, aber genau das macht sie aus. Genau diese wirklich zahlreichen Macken machen sie zu einer wunderbaren Protagonistin, von der man gerne liest!
Wenn ich die anderen Charaktere, die man sonst noch kennen lernt, mit einem Wort beschreiben müsste, würde mir spontan „bunt“ einfallen. Nicht nur, dass sie alle so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht, nein, sie versprühen, wenn ich im Nachhinein auf das Buch zurückblicke, eine besondere Art an Lebensfreude. Diese Art, die einen einfach mal grundlos übermannt und lächeln lässt. Bo, Bitterblue, Raffin (ich sag ja – seltsame Namen :D) und die anderen sind alle wie ein großes, buntes Bild, bei dem man gar nicht weiß, wohin man zuerst gucken möchte.
Leider kann ich an dem Buch nicht nur Positives vermitteln. Den Anfang habe ich ja bereits kritisiert. Und danach wird die Geschichte auch wirklich nicht schlecht. Es dauert vielleicht ein bisschen, bis es dann mal wirklich losgeht, bis Katsa und Bo auf Reise gehen. Danach habe ich wirklich mit Spannung verfolgt, wie ihre Reise verläuft, auch wenn keine Aha-Erlebnisse passieren. Doch irgendwann wird das einfach langweilig, wenn das Buch knapp 500 Seiten hat. Irgendwann hat man halt genug. Deshalb wurde es für mich einfach an einer gewissen Stelle sehr schleppend und erst ein paar Seiten vor Ende nahm die Geschichte wieder an Fahrt auf mit interessanten Entwicklungen. Das Ende war zwar letzten Endes gut gelöst, aber doch ein bisschen enttäuschend. Es ging dann einfach zu schnell.
Die Idee selbst kann/will ich nicht bewerten, da es zum Einen wie gesagt nicht mein Genre ist und ich a) von dem Genre also keine Ahnung habe und b) ja auch generell nicht so viel von dem Genre halte. 😛 Trotzdem hoffe ich, dass ihr so einigermaßen einen guten Einblick in das Buch bekommen habt.
Auch wenn „Die Beschenkte“ für mich eher eine Genre-Expedition war, würde ich zu den Nachfolgern nicht nein sagen. (Selbst wenn ich es sehr, sehr schade finde, dass es im Folgeband eine andere Protagonistin gibt, könnte ich Katsa ewig „zulesen“. (WORTSPIEL! :D)) Das Buch besticht durch einen wirklich tollen Schreibstil und noch interessantere Charaktere, über die ich sehr gerne gelesen habe! Leider habe ich mir beim Einstieg sehr schwer getan und die Handlung bzw. Spannung hatte zwischenzeitlich einen Durchhänger. Daher hat mir das Buch nur mittelmäßiges Lesevergnügen bereitet.
Ich bin mir aber sicher, dass es Fans dieses Genres auf jeden Fall gefallen wird – und auch als „Nicht-High-Fantasy-Liebhaber“ ist es auf jeden Fall einen Versuch wert! (Gibt‘s ja als Taschenbuch! (Die Ausrede gilt immer.))
Titel: Die Beschenkte
Taschenbuch: 496 Seiten
Verlag: Carlsen
Reihe: 1/3
Preis: 9,95€
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