Inhalt
Sommer 1973: Um sein Studium zu finanzieren, nimmt Devin Jones einen Job in dem Vergnügungspark Joyland an. Doch anstatt eine unbekümmerte Zeit zu erleben, geht die Beziehung mit seiner Freundin in die Brüche, und als mysteriöse Vorkommnisse Devin motivieren, Nachforschungen anzustellen, deckt er eine Mordserie in der Vergangenheit auf, die auch sein Leben gefährdet …
Meine Meinung
Ich habe es wirklich versucht.
Als Juliane (I AM JANE) und Jemima (Hochhorst) ankündigten, dass es einen Stephen King November geben würde, war ich Feuer und Flamme und beschloss, dass es an der Zeit war, King eine zweite Chance zu geben, nachdem Der dunkle Turm ein Reinfall für mich war. In der Bücherei suchte ich mir Joyland aus; ich war zu vorsichtig, um mich an ein längeres Werk zu wagen, und die Prämisse klang spannend genug, dass ich das Buch mit seinen knapp 350 Seiten auslieh.
Ziemlich schnell stellte sich ein Gefühl ein, das ich auch bei Der dunkle Turm empfunden hatte – so einfach und angenehm zu lesen der Schreibstil auch sein mochte, konnte ich nicht den Eindruck abschütteln, auf der Stelle zu treten. An den 350 Seiten las ich acht Tage, gefühlt mindestens doppelt so lange.
Zuallererst wurde ewig lang eine Hintergrundgeschichte zu Devin und seiner (Ex-)Freundin gegeben (an deren Namen ich mich nicht einmal mehr erinnern kann), und dann wurde beschrieben, wie er in Joyland eingeführt wurde, welche Freunde er machte und welchen ulkigen Gestalten er dort begegnete. Alles fühlte sich wie eine lang(wierig)e Einführung an.
Ich habe die Inhaltsangabe oben bewusst knapp gehalten – rückblickend verrät der offizielle Klappentext nämlich fast alles, selbst Ereignisse, die erst nach der Hälfte des Buches passieren. Wenn er noch den Namen des Mörders erwähnen würde, hätte er den Plot von Joyland präzise erfasst. Es gab nur wenige Momente, die mich ansatzweise bewegen konnten; selbst die Auflösung der Mordserie hatte ich tatsächlich erraten, etwas, das mir sonst selten passiert. Grundsätzlich war dieser Krimi-Aspekt enttäuschend – Devins Suche war für mich inkohärent und an den Haaren herbeigezogen, ebenso wie die Aufklärung im Showdown.
Vor allem – und das trägt für mich das größte Gewicht – war die Aufdeckung der Mörder so belanglos. Ich konnte einfach nicht erschließen, warum ausgerechnet Devin sich für die umgebrachten Mädchen einsetzen sollte, warum er – als Unbeteiligter, als nur jemand Weiteres, der von den grausamen Taten gehört hatte – auf den Mörder stolpern sollte, und vor allem nach all der Zeit! Es war mir zu passiv; Devin war mir, bis auf wenige Ausnahmen, zu passiv. Ich wurde die ganze Geschichte über nicht wirklich warm mit ihm, und das, obwohl er nichts wirklich trennt, aus allem etwas Persönliches macht. Er war mir zu normal, zu nett – ein langweiliger Gary Stu.
Alles, das ansatzweise interessant hätte sein können, wurde schnell im Keim erstickt – die hässliche Trennung verarbeitete Devin mit extra viel Gejammer; Erin und Tom – zwei Gleichaltrige, mit denen Devin sich anfreundet, und die einzigen Charaktere, die mir sympathisch waren – werden schnell abgefertigt; Annie (eine Frau, an deren Haus Devin täglich vorbei läuft) wird zu einem Sexobjekt degradiert, weil sie ja so viel reifer und erfahrener ist als Devin und ihm natürlich noch einiges beibringen kann. Und ja, auch Devin scheint oft nur auf Oberflächlichkeiten (Stichwort: Brüste) zu achten. Gibt ja sonst nichts zu sehen.
Selbst ein paranormales Element – der Geist einer der ermordeten Frauen, der in Joyland gesichtet wird – wird schnellstmöglich im Keim erstickt; der Ansatz ist so vage, dass er auf mich rückblickend wie ein verzweifelter Versuch wirkt, der Geschichte noch irgendwie mehr Kohärenz zu verleihen.
Nein, Joyland war keineswegs so schlimm wie Der dunkle Turm – aber in Anbetracht der Sache, dass die Veröffentlichung der beiden Werke dreißig (!) Jahre auseinanderliegt, finde ich es ganz schön erschreckend, wie ähnlich sich die Werke in ihren Schwächen sind. Als hätte sich King kein bisschen weiterentwickelt.
Ich weiß, dass die King-Fans sehr zahlreich und enthusiastisch sind – und ich wollte es wirklich verstehen, wollte die Faszination hinter dem Autor begreifen. Aber nach Joyland bin ich mir ziemlich sicher, dass ich vorerst keine weiteren Versuche wagen werde. Die Geschichte war mir einfach zu stereotypisch, zu flach, zu banal.
Fazit
Mit Joyland startete ich einen zweiten Versuch, mit Kings Werken warm zu werden – und scheiterte erneut. Trotz der Kürze des Buches las ich gefühlt ewig an dem Buch, was nicht zuletzt an dem blassen Protagonisten und an dem kaum vorhandenen Plot lag, der noch dazu seltsam konstruiert wirkte.
Joyland ⚬ übersetzt von Hannes Riffel ⚬ 352 Seiten ⚬ Einzelband ⚬ Heyne ⚬ 9,99€*
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2 Kommentare
Es ist der einzige King, den ich bis jetzt gelesen habe, aufgrund des Films, aber eventuell könnte "The Green Mile" einen Versuch wert sein – einfach weil es mit seinem typischen Genre doch ziemlich bricht, und die Probleme mit seiner Sprache/Ausdrucksweise sollten dort zumindest weniger sein.
Dass du an seinen Horrorbüchern keine Freude hast, mag eben einfach so sein, aber vielleicht kann es dich noch mit Stephen King als Schriftsteller an sich "versöhnen".
Liebe Grüße,
Britta
Meine Erfahrungen mit King sind ähnlich. Meistens lassen sein Stil und seine Figuren mich einfach kalt, im schlimmsten Fall sind sie mir unangenehm (und nicht auf die gewollte Art, sondern zB aufgrund ihrer sexistischen Ansichten). Das einzige, was für mich einigermaßen funktioniert, sind seine Kurzgeschichten. Die sind stilistisch zwar nicht grundanders, aber irgendwie interessanter und natürlich nicht so ellenlang 😉