[Rezension] A Court of Wings and Ruin – Sarah J. Maas

Da es sich hierbei um einen dritten Band handelt, kann die Rezension Spoiler enthalten.

Inhalt

Der Krieg gegen Hybern steht kurz bevor. Doch Feyres persönlicher Rachezug beginnt schon viel früher, indem sie von innen heraus gegen Tamlin ankämpft. Doch schon ziemlich bald stellt sich die Frage, wie viele Verbündete sie wirklich zusammentrommeln kann — und ob das genug sein wird.

Meine Meinung

Ich glaube, ich habe einen Prythian-Overkill. Bevor ich A Court of Wings and Ruin begonnen habe, habe ich die ersten zwei Bände noch einmal gelesen, und im Gegensatz zu Throne of Glass hatte ich Feyre tatsächlich irgendwann ein bisschen satt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich das Gefühl hatte, dass Maas sich öfters wiederholt — aber dazu später mehr.
Ich bin im Nachhinein froh, keine unglaublich hohen Erwartungen gehabt zu haben. ACOWAR ist gut, aber es ist im Großen und Ganzen nicht grandios.
Fangen wir jedoch mit den Dingen an, die ich geliebt habe: Wir haben einen unglaublich ausgiebigen Einblick in die anderen Courts bekommen — zu sehen, wie jeder Court andere Eigenheiten hat oder wie die High Lords sich verhalten, hat einfach sehr viel Spaß gemacht. Da ist noch so viel von Prythian, das es noch zu entdecken gibt, und im Nachhinein bin ich nur noch neugieriger.
Ein weiteres Highlight waren die für Maas typischen Plottwists. Ich schreibe typischen, weil es nach neun Büchern von ihr wirklich einfach so ist; sie hat eine Art und Weise, die verschiedenen Stränge zu verknüpfen, die fast schon einzigartig ist. Es gibt wenige Autoren, denen es so oft gelingt, mich perplex vor dem Buch sitzen zu lassen.
Und natürlich könnte ich nicht über diese Trilogie sprechen, ohne all die fantastischen Charaktere zu erwähnen. Sie sind das Herzstück dieser Bücher, und gerade die Entwicklungen, die schon zu Beginn der Trilogie eingeführt wurden, haben sich hier auf eine grandiose Art und Weise weiterentwickelt. Damit meine ich nicht nur die üblichen Verdächtigen Feyre und Rhysand (auch wenn Feyres Entwicklung als Überlebende eines Traumas wirklich sehr sorgfältig konstruiert und beeindruckend ist), sondern gerade die „Neben“charaktere — Lucien, Nesta, Elain, Cassian, Amren, um ein paar zu nennen. Was sie so besonders macht, ist, dass jeder von ihnen seine eigene Geschichte hat; man mag zwar nicht jedes Detail von dieser Geschichte erfahren, doch allein durch die paar Einblicke entsteht eine unglaubliche Dreidimensionalität, von der die Bücher einfach leben. Ich kann gar keinen Favoriten mehr nennen. Ich habe sie alle auf ihre eigene Art und Weise geliebt und das Buch allein schon wegen ihnen genossen.
Was jedoch genervt hat: Dass sich ein paar Sachen bei Maas nach dem Schema F wiederholen. Wieder und wieder macht Feyre etwas Dummes, und Rhys sagt ihr, sie solle das nie wieder machen, und natürlich macht sie es wieder. Oder umgekehrt — Rhys begibt sich in Gefahr, Feyre rastet schier aus, weil Rhys ja nicht jahrhundertealt ist und weiß, was er macht, nicht wahr? Dieses übertriebene Beschützen hat mich einfach irgendwann dazu gebracht, die Augen zu verdrehen. Aber das ist vielleicht schon Kritik auf hohem Niveau.
Denn wahrscheinlich sind es auch die Charaktere, die mich über den etwas… trägeren Teil des Buches hinweggerettet haben. Es wäre übertrieben, zu sagen, dass es langweilig war oder dass nichts passiert ist — aber nach den ersten einhundert Seiten hatte ich schlichtweg das Gefühl, dass die Geschichte stagniert. Das Lesen hat immer noch Spaß gemacht, und es war irgendwie interessant, aber einfach nicht so spannend, dass ich sofort wissen musste, wie es weitergeht. In dem Teil des Buches geht es um mehr und mehr Gespräche, und die meisten von ihnen treten ein wenig auf der Stelle oder drehen sich andauernd um dieselben Themen. Und ja, für mich leider, gibt es auch wieder zahlreiche Sexszenen.
Leichter Spoiler für Empire of Storms und ACOWAR

Diese fast schon Sexbesessenheit war auch etwas, das mich bei Maas’ anderer Reihe unglaublich frustriert hat. Ich habe die ersten Bände geliebt, aber in Empire of Storms rückte das meiner Meinung nach wirklich Wichtige einfach in den Hintergrund, was so schade ist! Bei ACOWAR war es ähnlich; Feyre und Rhys haben über ihren mating bond andauernd irgendwelche schmutzigen Sachen ausgetauscht, egal, wie ernst die Situation war – als könnten sie keine fünf Minuten an etwas anderes denken. Sie schlafen nicht nur andauernd, sondern selbst im Kriegscamp miteinander, während um sie herum Leute sterben. Ich bin mir sicher, dass es zahlreiche Leute gibt, denen das gefällt. Aber ich habe mich aus anderen Gründen in die Bücher verliebt.

Wie steht es jetzt um die Diversität des Buches? Bereits im Voraus brach eine gigantische Diskussion aufgrund der Acephobia* in Kapitel 3 aus, die auch im Kontext immer noch bedenklich und problematisch ist. Ansonsten würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass Maas es nicht versucht hat; öfters ist von dunklen Hautfarben die Rede, und es werden tatsächlich mehrere bisexuelle bzw. lesbische/schwule Charaktere eingeführt. Meiner Meinung nach ist die Repräsentation ein passabler Anfang, wenn auch noch gehörig Luft nach oben ist; ich habe bei anderen Bloggern/Booktubern allerdings auch andere Perspektiven gehört.
Spoiler für ACOWAR

Mors Sexualität liegt mir dabei besonders am Herzen – sie outet sich als lesbisch, was an sich klasse ist, aber die Art und Weise und vor allem der Zeitpunkt, den Maas dabei gewählt hat, ist katastrophal. Mor befindet sich seit Jahrhunderten in einem liebenden Umfeld: Warum öffnet sie sich ausgerechnet gegenüber Feyre? Warum hat sie vorher einfach nichts gesagt und sich stattdessen entschieden, Azriel leiden zu lassen? Auch das plötzliche Outing wirkte auf mich eher so, als würde Maas verbissen versuchen, mehr Diversität einzubringen. Mor lebt in keiner Gesellschaft, in der Homosexualität abgelehnt wird. Stattdessen lässt sie Azriel willentlich leiden und versteckt sich selbst… aber warum?

Ich kann mich nur wiederholen — es ist ein Anfang, so holprig er auch sein mag. Von Maas‘ Seite würde ich mir jedoch wünschen, dass sie vielleicht einmal Stellungnahme beziehen würde und sich in Zukunft besser informiert und weiterentwickelt.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist natürlich das Ende. Ich war etwas nervös deswegen, schließlich handelt es sich hierbei um den ersten Abschluss einer Reihe, den wir von Maas bekommen haben. Im Nachhinein bin ich etwas zwiegespalten.
Versteht mich nicht falsch: In den letzten hundert Seiten war ich wieder einmal in Maas‘ Bann gefangen. Ein Plottwist folgte auf den anderen und, ja, auch ich saß wieder heulend im Bett. (Wenn auch nicht so schlimm wie bei A Court of Mist and Fury.) Aber es fehlte einfach etwas. Es war ein grandioses und berauschendes Finale, aber es war nicht vollständig. Es gibt so viele Storylines, die noch in der Luft hängen, was einfach unglaublich schade ist. Ob es schlichtweg Sorglosigkeit von Seiten der Autorin ist oder eine „Masche“, um den Leser dazu zu bringen, auch ja die Spin-Offs zu lesen, wenn sie erscheinen — ich weiß es nicht. Ich bin ein wenig enttäuscht, auch wenn ich dem Buch gleichzeitig am liebsten wegen dem Nervenkitzel am Ende fünf Sterne gegeben hätte.
Eigentlich weiß ich selbst Tage später noch nicht so ganz, was ich von A Court of Wings and Ruin halten soll. Es war gut, aber es war immer noch problematisch, und die Story war zu lang und zu kurz an den falschen Stellen. Ganz im Ernst: Die Trilogie als Ganzes betrachtet würde ich niemandem empfehlen. Ich hoffe jedoch, dass es Maas in Zukunft mehr und mehr gelingt, sich von schädlichen Klischees abzuwenden.

Fazit

A Court of Wings and Ruin war ein solider Abschluss, wenn auch das Ende meiner Meinung nach zu offen gestaltet wurde. Vor allem ist es nicht frei von problematischen Aspekten; auch wenn Maas versucht, mehr Diversität zu integrieren, gelingt ihr das nur bedingt. Für Fans der Reihe lesenswert, Interessierten würde ich die Trilogie nicht empfehlen.
A Court of Wings and Ruin ⚬ Taschenbuch: 699 Seiten ⚬ Bloomsbury UK ⚬ Band 3/3 ⚬ ca. 8,49€

* Ich kenne keinen deutschen Begriff für Acephobia; falls mir jemand damit aushelfen könnte, wäre ich sehr dankbar!

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3 Kommentare

  1. Der Rezension schließe ich mich komplett an!
    Die Charaktere sind einfach klasse, ebenso mochte ich, wie Feyre und Rhys mit all den schrecklichen Ereignissen aus Band 1 umgegangen sind. Aber da gibt es eben auch die vielen negativen Punkte, die ich einfach nicht ignorieren kann und das Buch bzw. die komplette Reihe bei weitem nicht perfekt, sondern teilweise wirklich problematisch machen!
    Ziemlich lustig: Auf einem Blog habe ich gelesen, dass Feyre und Rhys sich durch diese komplette Abhängigkeit voneinander und das ständige Denken an Sex etwas zu Edward und Bella entwickelt haben – passt irgendwie schon ein wenig! 😀

  2. Hey!
    Ich habe die Rezension selbst jetzt nicht gelesen, weil ich die Trilogie noch lesen möchte, aber ich kann mir vorstellen dass die nicht leicht zu schreiben war. Vor allem weil wir ja schon diskutiert haben, wie schwer es ist, problematische Bücher noch (positiv) zu bewerten.
    Spannend finde ich aber, dass du im Fazit trotz der guten Bewertung die Reihe nicht weiterempfiehlst.

    Liebe Grüße!

  3. Hi! 🙂

    Ja, leicht fiel es mir wirklich nicht. Gerade eben wegen der Bewertung – soll ich quasi etwas abziehen, weil das Buch problematische Inhalte hat, oder mache ich "nur" drauf aufmerksam und bewerte etwas oberflächlicher? Keine Ahnung, ob meine Lösung optimal ist. Ich denke, das kann man auch noch viel umfangreicher machen.
    Danke auf jeden Fall für dein Feedback! 🙂 Und ich bin gespannt, was du zu der Trilogie sagst!

    Alles Liebe,
    Isabella

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