Wenn überhaupt möglich, verstreicht 2021 noch schneller als 2020. Oder 2021 fühlt sich nur wie eine Erweiterung von 2020 an. Auf jeden Fall ist es mir unbegreiflich, wie es jetzt schon März sein kann. Offiziell habe ich Semesterferien, aber auch das fühlt sich nicht groß anders wie die Vorlesungszeit an, verbringe ich doch beides in denselben vier Wänden. Februar war eine Achterbahnfahrt, bei der sämtliche Produktivität auf der Strecke geblieben ist, deshalb hoffe ich, dass ich in März bei den noch zu schreibenden Hausarbeiten endlich mal vorankomme.
Eines ist mir im Februar jedoch gelungen: Meine Lektüren ausschließlich auf den Valentinstag auszurichten. (War allerdings nicht geplant.) Insgesamt habe ich vier Bücher gelesen:
1) Persuasion – Jane Austen (4–4,5/5)
Nachdem ich dieses Jahr zum ersten Mal die 2005er Stolz und Vorurteil-Verfilmung gesehen und zusätzlich noch Bridgerton inhaliert hatte, erschien es mir als logische Konsequenz, nun auch noch was von Jane Austen zu lesen. Persuasion erzählt die Geschichte von Anne, die vor acht Jahren den Heiratsantrag Frederick Wentworths auf Anraten ihrer Vertrauten hin ausschlug. Doch Anne hat Wentworth nie vergessen – und als sich ihre Wege zufällig kreuzen, flammen ihre Gefühle wieder auf.
Persuasion ist in meinen Augen ein großartiges Beispiel für eine zurückhaltende Protagonistin, die in ihrer augenscheinlichen Passivität eine unglaubliche Stärke entwickelt. Dem sozialen Tumult ihrer Umwelt stellt sie ein reiches Innenleben entgegen, in welchem sie drei Schritte weiter als ihre Mitmenschen ist und alle Verwicklungen durchschaut. Da sie mit Ende 20 schon als so gut wie heiratsunfähig wahrgenommen wird, ist der Roman auch mit zahlreichen gesellschaftskritischen Anekdoten gespickt. Ich hab‘s geliebt.
„[…] Yes, yes, if you please, no reference to examples in books. Men have had every advantage of us in telling their own story. Education has been theirs in so much higher a degree; the pen has been in their hands. I will not allow books to prove any thing.“ (Jane Austen: Persuasion. London 2012, S. 231)
2) Breakway – Anabelle Stehl (3/5)
Wie ihr wisst, bin ich nicht die größte NA-Leserin, aber ich folge Anabelle schon seit Jahren und finde sie einfach so sympathisch, dass ich doch neugierig wurde. In Breakaway geht es um Lia, die nach einer verhängnisvollen Nacht kurzerhand ihr Zeug packt und in einen Bus nach Berlin steigt. Dort lernt sie Noah kennen, der selber seine Päckchen zu tragen hat – und ihr Leben ein weiteres Mal auf den Kopf stellt.
Noch bevor ich mit dem Lesen anfing, fiel mir positiv auf, dass das Buch mit einer Triggerwarnung versehen ist. Die habe ich aus Neugier gelesen, deshalb ahnte ich, wie einer der späteren Plotpunkte aussehen würde, aber ich wollte einfach von Anfang an darauf achten, wie die Autorin mit dem Thema umgeht. Letztlich bin ich Nicht-Betroffene, aber ich hatte den Eindruck, dass der Umgang sensibel war und viele unangenehme Tropes sorgfältig umschifft wurden. Überhaupt ist das, was sich zwischen Lia und Noah entwickelt, frei von toxischen Eigenschaften, und noch hinzu sind die Nebenfiguren divers gestaltet, ohne dass es groß thematisiert wird. Leider ist bei mir einfach nicht der Funke übergesprungen, der Suchtfaktor, den ich aus anderen NA-Büchern kenne, ist ausgeblieben. Dennoch ist es im Großen und Ganzen ein gelungenes Debüt.
3) The Prom – Saundra Mitchell (3/5)
The Prom ist ein Rezensionsexemplar, das mein Mitpodcaster Fabi und ich für unseren Podcast queerverweise erhalten haben. Falls ihr also eine ausführlichere Besprechung hören wollt, könnt ihr euch auf die nächste Folge freuen. Der Plot von The Prom ist denkbar einfach: Emma und Alyssa sind ein Paar im konservativen Edgewater, Indiana, und sie wollen nichts mehr, als zusammen zum Abschlussball zu gehen. Doch das löst einen Skandal aus, in den sich noch zwei Broadway-Stars einmischen, sodass schon bald alle Augen auf die Stadt gerichtet sind.
Das Buch hat mich wirklich positiv überrascht, basiert es doch auf einem Musical (zu dem zusätzlich letztes Jahr noch ein Film erschienen ist). Die Geschichte wird teilweise regelrecht flapsig erzählt, wodurch selbst tragische Vorgänge stets mit einem Augenzwinkern begleitet werden. Aber genau das macht auch irgendwie den Charme des Texts aus, ich habe das Buch binnen weniger Tage verschlungen. Wer Lust auf queere „Popcorn-Literatur“ hat, sollte definitiv danach greifen.
4) Die Jungfrau von Orleans – Friedrich Schiller (4/5)
Wie der Titel schon verrät, handelt das Drama von Johanna von Orleans, die in Folge einer göttlichen Eingebung den französischen Truppen einige Schlachten in der Spätphase des Hundertjährigen Krieges gewinnt, dann aber der Hexerei angeklagt wird. Das Stück folgt allerdings weder der historischen Chronologie noch den Ereignissen exakt.
Zweifellos ist Die Jungfrau von Orleans mein liebstes Stück, das ich bisher von Schiller gelesen habe. Ich musste es eigentlich für die Uni lesen (tatsächlich, um nächstes Semester hoffentlich Studierenden was darüber beizubringen), war aber nach den ersten paar Seiten so begeistert, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Auch ohne eine konkrete Aufführungssituation entfaltet das Stück eine beeindruckende Sprachgewalt, und ich freue mich darauf, mir noch mehr Gedanken dazu zu machen.
Neben den vier Texten habe ich noch mit Red, White & Royal Blue von Casey McQuiston, das seit seinem Erscheinen in 2019 gefühlt die Herzen sämtlicher Blogger:innen im Sturm erobert hat, angefangen. Ich habe jetzt etwas über ein Drittel gelesen und es macht unglaublich viel Spaß, auch wenn ich mich bisher noch nicht zu den Mega-Fans zählen würde. Aber mal gucken, was noch passiert.
Insgesamt habe ich damit im Februar 1074 Seiten gelesen (ca. 38 pro Tag) was für meine Verhältnisse ziemlich wenig ist, aber auch meiner generellen Motivationslosigkeit für irgendetwas abgesehen von der Instandhaltung meiner Existenz zuzuschreiben ist. Mal schauen, wie es im März laufen wird. Vielleicht ist dieser Blogbeitrag ja ein Anfang. Wie war euer Lesemonat Februar? 👩🏼💻